Der Spatz im Kamin

Eine Geschichte über Neugier (und dass sie manchmal für spannende Abenteuer sorgt)

Von Anna Trenkwald

Es war einmal ein kleiner Spatz. Und der tat nichts lieber, als auf den Schornsteinen der Häuser zu sitzen und den Gesprächen der Menschen zu lauschen, die dort wohnten. Denn so ein Schornstein war wie ein Lautsprecher, musst du wissen, und wenn der kleine Spatz seinen Kopf ganz tief in den Schornstein hineinsteckte, konnte er beinahe alles hören, was die Menschen in den Häusern machten und sprachen.

Er hörte das Klappern der Töpfe, wenn gerade Essen gekocht wurde, Gesang und fröhliches Lachen an Geburtstagen, und die Gute-Nacht-Geschichten, die die Eltern ihren Kindern abends beim Zubettgehen vorlasen.

Eines Tages, als der Spatz gerade auf seinem Lieblingsschornstein saß, passierte es. Es war so windig, dass er fast nichts hören konnte. „Nur noch ein kleines bisschen näher ran“, dachte er sich und beugte sich noch etwas weiter nach vorne.

„Oh, oh...“ Der kleine Spatz begann wie wild mit seinen Flügeln zu schlagen, doch zu spät: Ehe er sich versah, hatte er das Gleichgewicht verloren und purzelte den ganzen langen Kamin hinunter bis ins Wohnzimmer.

Eine dicke Aschewolke flog auf, als er unsanft am Boden landete. Der kleine Spatz hustete und schüttelte sich einmal kräftig. „Nanu, wo bin ich denn hier gelandet?“ Direkt vor ihm stand ein Klavier und ein großes Sofa, das ganz schön gemütlich aussah.

Aufgeregt hüpfte er darauf zu und ... Peng! Der kleine Spatz rannte direkt gegen eine dicke Glasscheibe. Verdattert stolperte er wieder zurück und blickte sich noch einmal um. Asche, der Geruch von Holz, ... Oh nein! Er war im Kaminofen gelandet! Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren...

Da ging die Wohnzimmertür auf und Paul stürmte herein. Paul wohnte in dem Haus, in das der kleine Spatz gepurzelt war und ihm hörte der Spatz besonders gerne zu, wenn er mit seinen Fahrzeugen spielte oder Lieder für seine Mama und seinen Papa sang.
„Komm, Mama, lass uns Bagger spielen“, rief Paul und rannte schnurstracks in seine Spieleecke.
„Ich komme sofort“, antwortete Mama aus dem Flur.

„Brumm!“ Paul rollte mit seinem Bagger in Richtung Ofen. „Auf geht‘s zur Baustelle!“
„Tock, tock, tock“, machte es da plötzlich.
Paul zuckte zusammen.
Und noch einmal: „Tock, tock, tock.“
Paul drehte sich einmal in alle Richtungen um, schaute nach rechts, nach links, ein bisschen nach oben – und blickte direkt in das Gesicht des kleinen Spatzen, der auf der anderen Seite der Ofentür saß.

„Huch, wo kommst du denn her?“, fragte Paul.
Der kleine Spatz antwortete ganz zerknirscht: „Ich bin in den Schornstein gepurzelt... Und jetzt komme ich nicht wieder raus.“
Paul kicherte. „Du Tollpatsch! Komm, ich lass dich frei.“
Er machte die Ofentür auf und aufgeregt zwitschernd flatterte der kleine Spatz heraus. Vor Freude machte er ein paar wilde Purzelbäume in der Luft und flog dann Richtung Fenster.
Schnell rannte Paul hinter ihm her, um das Fenster zu öffnen.

„Danke“, zwitscherte der kleine Spatz fröhlich, drehte noch eine Runde durchs Wohnzimmer und flog dann hinaus in den Garten.
„Klopf doch das nächste Mal einfach ans Fenster, wenn du uns besuchen willst!“, rief Paul ihm noch hinterher.
Doch der kleine Spatz hörte ihn schon nicht mehr. So schnell er konnte, flog er zu seinen Spatzenfreunden, um ihnen von seinem Abenteuer zu erzählen.



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